Keine Zukunft für den Silbersee im Engerser Feld

Keine Zukunft für den Silbersee im Engerser Feld

Neuwieder Naherholungsgebiet steht vor dem Aus: Keine Zukunft für den Silbersee im Engerser Feld

Er ist ein kleines Juwel auf Neuwieder Stadtgebiet: der Silbersee im Engerser Feld.
Werner Scheidweiler hat das Naherholungsgebiet in seiner heutigen Form geschaffen. Doch jetzt erklärt er den Silbersee für dauerhaft geschlossen.



Der 92-jährigr Werner Scheidweiler hat mit vielen Auflagen zu kämpfen.




 

Werner Scheidweiler

Wer bei einem Spaziergang im Engerser Feld in den Bereich des sogenannten Silbersees gerät, ohne diesen zu kennen, wird mit Sicherheit überrascht:
Zwischen der dichten Vegetation finden sich dort Sagengestalten, burgartige Gemäuer und in das Seeufer eingelassene Grotten, in denen Bänke zum Sitzen einladen.

Ohne Übertreibung kann von einer magischen Stimmung gesprochen werden.

Vielen Neuwiedern dürfte bekannt sein, was es mit diesen Anlagen auf sich hat: Der Inhaber Werner Scheidweiler ist dort seit Jahrzehnten aktiv und hat die ehemalige Kiesgrube aus dem Besitz seiner Familie nach seinem persönlichen Geschmack zu einem kleinen Naherholungsgebiet umgestaltet.

Gebaut hat er alles mit Material, das er aus Bauschutt aussortiert hat – so werden Rohre zu Säulen und eine Wendeltreppe wird zu einem Pfau.

Bis zum vorigen Sommer begrüßte Scheidweiler auch regelmäßig Gäste auf dem Areal – viele davon reisten aus großer Entfernung und sogar aus dem Ausland an.

Doch im Herbst kündigte Scheidweiler an, dass er das Gelände dauerhaft schließen wird.



Altersgründe und Behördenfrust

Das geschieht zum einen aus Altersgründen. Mit seinem kräftigen Händedruck und dem wachen Blick merkt man ihm die 92 Lebensjahre zwar nicht an.
Aber die Pflege der großen Anlage wäre auch für einen deutlich jüngeren Menschen eine gewaltige Aufgabe.

Sinnsprüche, die der Inhaber dort mit wetterfesten Stiften an vielen Stellen aufgeschrieben hat, lassen den zweiten Grund für seinen Rückzug erahnen:
Während es bei den meisten um die Schönheit der Natur geht und die Besucher darin aufgefordert werden, diese zu schützen und ihr mit Respekt zu begegnen, ist bei einigen ein anderer Unterton zu bemerken: Da ist von Behördenwillkür und unfairen Politikern die Rede.



Rigide Einschränkungen für den Naturschutz

Schon lange gibt es für das Projekt des ausgebildeten Schlossers Gegenwind: Der See liegt in einem Wasserschutzgebiet, das Teil des europäischen Netzes Natura 2000 ist – aus Gründen des Naturschutzes gelten dort sehr rigide Einschränkungen bezüglich aller Aktivitäten, die dort stattfinden.
Die Kreisverwaltung ist als Untere Naturschutzbehörde für die Kontrolle zuständig und hat Scheidweiler im Lauf der Jahre verschiedene Arten der Nutzung untersagt. So musste er etwa einem Angelverein die Pacht kündigen, und auch ein „Freundeskreis Silbersee“ wurde aufgelöst.

Da die Art, wie das Gelände genutzt wird, nahezu beispiellos ist, ist allerdings auch eine Bewertung im Rahmen von Gesetzen nicht ganz einfach: Um eine Freizeitanlage im eigentlichen Sinne handelt es sich nicht.

Und Scheidweilers Einschätzung, dass seine Bauten Kunstwerke sind, die bezüglich der Genehmigungspflicht weniger reglementiert sind, klingt zumindest plausibel.

Dass die besondere Atmosphäre des Gebiets Spaziergänger oder Wochenendausflügler anlockt, ist verständlich – und der Aufenthalt dort ist nicht verboten.

Scheidweiler hatte immer wieder Ideen, auf dem Gelände etwas Größeres entstehen zu lassen – er erzählt von Hausbooten, von einer direkten Wasserverbindung zum Rhein und von Kaufinteressenten, die sich dort niederlassen wollen. Doch von den Behörden gab es stets ablehnende Bescheide. Hört man die Argumentation der Kreisverwaltung, scheint es da auch wenig Spielraum zu geben – selbst die Duldung der Bauaktivitäten wirkt aus dieser Perspektive schon als Entgegenkommen.



Ausnahmegenehmigung ist nötig

„Im Wasserschutzgebiet Engerser Feld benötigt Herr Scheidweiler für alle Maßnahmen, die er beabsichtigt, eine Ausnahmegenehmigung von der Wasserschutzgebietsverordnung seitens der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord und eine Zulassung seitens der Unteren Wasserbehörde“, heißt es in einer Stellungnahme der Behörde.

„Zudem darf die Maßnahme nicht dem Natura-2000-Maßnahmeplan widersprechen, und den naturschutzfachlichen Vorgaben des Vogelschutzgebietes sowie dem Artenschutz ist Folge zu leisten. Da in diesem Bereich viele verschiedene Verbotsszenarien zu beachten sind, wurde Herr Scheidweiler schon des Öfteren darauf hingewiesen, dass seine angedachten Aktivitäten nicht genehmigungsfähig sind."

Scheidweiler selbst sieht sich aber als Naturliebhaber – das Verständnis für diese Art der Regulierung fehlt ihm weitgehend.

Grundsätzlich wäre Scheidweiler bereit, das Areal zu verkaufen. Ein Angebot des Kreiswasserwerkes, dem nach Aussage der Kreisverwaltung der gängige Bodenwert zugrunde gelegt wurde, hat er aber abgelehnt. Da in dem Bereich außer Wanderungen praktisch keine Aktivitäten gestattet sind, dürfte es schwer sein, einen Käufer zu finden, der mehr zu zahlen bereit ist.



Magische Atmosphäre

Vorläufig wird sich also am Silbersee voraussichtlich nicht viel ändern: Solange er dazu gesundheitlich in der Lage ist, will Werner Scheidweiler weiterhin regelmäßig die Vögel und Eichhörnchen füttern, die er alle kennt und mit Namen anspricht.

Besuchern wird er wohl auch Anekdoten aus der Geschichte des Ortes erzählen – aktiv bewerben möchte er ihn aber nicht mehr.

Auf der von Scheidweilers Sohn gestalteten Internetseite https://www.silbersee.de ist groß zu lesen: „Der Silbersee ist nun dauerhaft geschlossen.“

Die magische Atmosphäre, die von Werner Scheidweiler über Jahrzehnte aufgebaut wurde, wird aber vermutlich noch einige Zeit erhalten bleiben.



Quelle: RZ-Neuwied vom 04.04.2024
Foto: Rainer Claaßen



2016 - 2024
Silbersee dauerhaft geschkossen

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